Z(w)eitzeugingespräch im Westfalen-Kolleg

20230915 ZeitzeugenbesuchDie Israelin Yonat Shlezinger sieht es als ihre Aufgabe an, den jungen Menschen von heute die Geschichte ihrer Familie nahe zu bringen und so ihren Beitrag dazu zu leisten, dass sich die Vergangenheit nicht wiederholt.

In diesem Sinne hat sie am 15.09. vor ca. 70 Studierenden des Westfalen-Kollegs sehr eindringlich und offen die (Über-)Lebensgeschichte ihrer Eltern vor, während und nach der Zeit des Nationalsozialismus erzählt.

Ihr Vater stammte aus Gotha (Thüringen) und erkannte nach der Lektüre von Hitlers „Mein Kampf“ die Gefahr für Juden im nationalsozialistischen Deutschland und bereitet sich auf eine Auswanderung in das unter britischem Mandat stehende Palästina vor. Zu diesem Zweck erlernte er in Deutschland landwirtschaftliche Fähigkeiten, um dann in Palästina in einem Kibbuz zu leben und zu arbeiten.

Die Mutter von Yonat Shlezinger stammte aus dem polnisch-ukrainischen Grenzgebiet. Sie und ihre Familie mussten besonders im Getto viel Leid ertragen, Angehörige ihrer Familie starben aufgrund von Unterernährung, bei der Räumung des Gettos oder wurden ermordet. Nur ihre Mutter schaffte es, sich während der letzten Kriegsjahre zu verstecken und hat so als einzige der Familie die Shoa überlebt. Nach einem Aufenthalt in einem Displaced Persons Camp, wanderte auch sie über Umwege nach Palästina aus. Dort arbeitete sie in einem Kibbuz als Lehrerin und lernte ihren späteren Mann kennen.

Yonat Shlezinger spricht auch darüber, wie schrecklich es für die Eltern war, die einzigen Überlebenden ihrer Familie zu sein und welche Auswirkungen die erlittenen Traumata auf ihr späteres Leben und auf das ihrer Kinder hatte.

Im Gespräch zwischen den Studierenden und Yonat Shlezinger zeigte sich, wie tief beeindruckt und ergriffen die Zuhörer:innen von den Schilderungen waren und dass sie bereit sind, ihren Teil der Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen. Auf Nachfrage eines Studierenden, ob Frau Shlezinger mit ihrer Lebensgeschichte den Zuhörer:innen eine Lebensweisheit mit auf den Weg geben könne, antwortete sie: „Geh mit deinen Mitmenschen so um, wie du möchtest, dass sie mit dir umgehen!“

Vermittelt hat den Kontakt zu Frau Shlezinger dankenswerterweise die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Dortmund e.V.; außerdem sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die in der Erinnerungsarbeit aktive Hebräischlehrerin, Frau Hägele, Neues Gymnasium Bochum, als ‚Brückenbauerin‘ einen wichtigen Anteil am Gelingen der Veranstaltung hatte: Übersetzte sie doch alle Beiträge der Z(w)eitzeugin aus dem Ivriit (Neuhebräischen) ins Deutsche und umgekehrt.

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